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51.091
Seiten
Kanon

Hinweis: Die Rezension bezieht sich auf einen Kanon-Roman!

Mit dem Kanon-Reboot von 2014 war der Star-Wars-Literatursektor plötzlich auf einen Schlag leergefegt, bevor noch am selben Tag vier neue Kanon-Romane für Erwachsene angekündigt wurden, die allesamt thematisch den Kampf einzelner Gruppierungen gegen das Imperium behandelten. Zu diesen zählt auch Die Sith-Lords von Paul Kemp, der bereits zuvor für Star Wars geschrieben hatte.

Die Handlung lässt sich grob folgendermaßen umschreiben: Das Buch spielt fünf Jahre nach Ende der Klonkriege, also 14 VSY, und die von Klonkriegsheld Cham Syndulla gegründete Freiheit für Ryloth-Bewegung kämpft mit zunehmender Aggressivität gegen die imperiale Unterdrückung ihrer Welt an, sodass sie allmählich in den Fokus von Imperator Palpatine gerät. Gemeinsam bricht er mit seinem Schüler Darth Vader und dem heuchlerischen Twi'lek-Senator Orn Free Taa zu einer scheinbar geheimen Reise nach Ryloth auf, um die Rebellen in eine Falle zu locken. Diese wittern darin ihre große Chance, dem Imperium einen fatalen Schlag zu versetzen und entwickeln einen ausgeklügelten Plan. Tatsächlich gelingt es ihnen, das Schiff der Sith-Lords zum Absturz zu bringen, doch daraufhin beginnt eine grausame Treibjagd in den Tiefen eines menschenfeindlichen Dschungels und die Twi'leks haben die Macht der Dunklen Seite unterschätzt…

Folgende Charaktere sind relevant, da die Geschichte aus ihren Blickwinkeln erzählt wird:

  • Homecoming Cham2

    Cham Syndulla in Rebels

    Cham Syndulla: Anführer der Ryloth-Rebellen, exzellenter Stratege und Vater von Hera Syndulla aus Rebels, die in dem Buch leider keine größere Rolle spielt. Er hat sein ganzes Leben der Freiheit seines Volkes gewidmet, doch die Brutalität des Imperiums erschüttert seine Prinzipien und lässt ihn sich immer mehr fragen, ob er noch Freiheitskämpfer oder schon Terrorist ist. Seine Anhänger wissen, dass die meisten ihrer Missionen einem Selbstmordkommando gleichkommen, doch trotzdem bricht es ihm jedes Mal das Herz, wenn er gezwungen wird, seine eigenen Leute im Stich zu lassen.
  • Isval: Chams Vertraute, eine ehemalige Escort-Sklavin, die einen gewaltigen Hass auf alle Imperialen hegt. Ihre Emotionen machen sie sehr impulsiv, sodass sie auf eine nervige Weise immer auf Konfrontation geht, auch wenn es in manchen Situationen sinnvoller wäre, sich zurückzuhalten. Sie sieht in Cham einen großartigen Anführer und ermuntert ihn, über den Tellerrand von Ryloth hinaus zu denken.
  • Belkor Dray wäre eigentlich ein imperialer Vorzeigeoffizier, wenn seine faule und nachlässige Vorgesetzte, Moff Delian Mors, seinem wohlverdienten Karriereaufstieg nicht im Weg stehen würde. Daher leitet er gelegentlich geheime Informationen an Syndulla weiter in der Hoffnung, dass die Rebellen-Angriffe die Moff schlecht aussehen lassen. Doch die Abmachung mit dem Twi'lek wird immer einseitiger und Dray steckt bald bis zum Hals in Schwierigkeiten.
    Zu Mors sei noch gesagt, dass mit ihr (chronologisch betrachtet) der erste kanonische LGBT-Charakter eingeführt wurde. Wie es leider zu erwarten war, haben die Verantwortlichen dafür eine Menge Hass kassiert. Das kann ich nicht verstehen, denn für mich ist diese Entwicklung nachvollziehbar (da Disney mit der Zeit gehen möchte, wie auch bei Rey als Lead des Sequel-Casts) und auch notwendig (da Diversität charakteristisch für Star Wars ist). Aber auch ich sehe ein Problem: Eine der wenigen Sachen, wofür ich der Nachspiel-Trilogie wirklich dankbar bin, ist nämlich, dass sie uns mit Sinjir Rath Velus eine weitere LGBT-Figur geschenkt hat, die im Gegensatz zu Mors wenigstens sympathisch ist.
  • Vader-Palpatine Episode III

    Vader und Palpatine

    Die ambivalente Beziehung zwischen Darth Vader und Palpatine ist der Kern des Buches. Der ältere Sith wird als quasi allmächtig dargestellt und kann teilweise sogar Vaders Gedanken lesen, ist aber auf den jüngeren angewiesen, um die Illusion des wohltätigen Imperators aufrecht zu erhalten. Einzig sein Schüler und seine Leibwächter, die Imperiale Garde, sind nämlich eingeweiht und dürfen seine wahre Macht erleben — alle anderen Zeugen müssen sterben. Vader plant zwar bereits das Ableben seines Meisters, ist aber innerlich noch zu zerrissen, um es mit ihm aufnehmen zu können, weswegen er sich in der Zwischenzeit mit bedingungsloser Loyalität abfindet. Dieser interne Konflikt äußert sich gerade im letzten Akt des Buches, als Vader mit einem unschuldigen Mädchen konfrontiert wird und man sich zwischenzeitlich nicht sicher ist, was mit ihr passieren wird — ein geschickter Schachzug des Autors, um im Leser Grauen hervorzurufen. Dennoch wird in den Kampfszenen deutlich, dass er an der Spitze der Nahrungskette steht.

Den Titel des Buches sowie sein Cover empfinde ich als irreführend. Es wird impliziert, dass es eine große Bodenschlacht gäbe, doch von Kampfläufern fehlt in der Geschichte jede Spur. Auch der Fokus auf „die Sith“ ist trügerisch: Man erhält zwar Einblicke in die Philosophie der Sith, jedoch immer nur auf Vader und Palpatine bezogen. Wer sich erhofft hat, mehr über andere Sith zu erfahren, wird enttäuscht. Einzig die Sith-Sprache wird kurz mal zum Thema. Eine weitere verpasste Chance, die das Buch stärker machen hätte können, ist das Inquisitorius-Programm, über das wir nach wie vor nur in Bruchstücken informiert werden.

In dem Roman sind mir auch wieder ein paar Unstimmigkeiten aufgefallen: So wurde beim Beschreiben der Weltraumschlachten gesagt, dass die Explosionen lautlos seien, da es kein Geräusch im Weltall gäbe. Nun, das mag physikalisch gehen zwar stimmen, widerspricht aber so ziemlich allen Star-Wars-Filmen und -TV-Serien. Da wäre es mir lieber gewesen, man wäre dem etablierten „Star Wars ist Fantasy, nicht Science-Fiction“-Motto treugeblieben. Außerdem wurde statt „Fives“ wohl in der ersten Auflage „Sixes“ geschrieben. Dies führte zu einem lustigen Wookieepedia-Artikel, den ich euch nicht vorenthalten möchte.

Insgesamt hätten die Thematik und Handlung des Buches viel Potenzial gehabt, doch leider hat man die wirklich interessanten Themen bloß oberflächlich angeschnitten. Auch die Verbindungen zu Rebels hätten stärker sein können. Zudem geht in der Mitte des Roman zwischenzeitlich viel Spannung verloren, als die beiden Sith mehrere dutzend Seiten lang nur gegen die Tierwelt kämpfen. Daran wird deutlich, dass zwei massakrierende Bösewichte, über die man eh schon so gut wie alles weiß, alleine leider nicht ausreichen, um vierhundert Seiten zu füllen. Vielleicht wird es ja mal einen Kylo Ren/Snoke-Roman geben, der das besser macht…

Lords of the Sith

Englisches Cover

  • Star Wars: Die Sith-Lords wurde von Paul S. Kemp geschrieben und erschien im April 2015 bei Del Rey in den USA. Die Auflage, die ich rezensieren werde, ist die englische eBook-Ausgabe.
  • Die Paperback-Version hat 416 Seiten und ist seit dem 19. September 2016 für 13 € (Preisempfehlung des Verlags) bei Blanvalet in Deutschland erhältlich.
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